Mysore und Bangalore – Unsere erste eigene Reise

 

Es ist nun zwar schon ein Weilchen her, aber nach Weihnachten traten wir unsere erste, kleinere Reise alleine an. Zuerst ging es für einen Tag nach Mysore, eine eher kleinere (im Vergleich zu Puthupaddy natürlich trotzdem riesige) Stadt in Karnataka, also einem anderen Bundesstaat. Im Gegensatz zu Selma und Louis war ich schon einmal mit der italienischen Gruppe dort gewesen, die hier ganz zu Anfang meines Aufenthalts verweilten, aber ich habe es dennoch genossen, auf eigene Faust losziehen zu können und die Stadt noch einmal selbst „entdecken“ zu können. Nach einem etwas stressigen Check-In im Hotel – unsere gebuchten Zimmers waren aufgrund eines Missverständnisses bezüglich unserer Ankunftszeit bereits vergeben worden, weshalb uns nur noch übrig blieb, in einem freien Familienzimmer zu schlafen, was natürlich teurer war als geplant, wir jedoch dadurch „ausgleichen“ konnten, dass wir die nächste Nacht im billigsten Zimmer, was zu finden war, verbracht haben – nicht unbedingt zu empfehlen – besuchten wir (für mich wieder einmal) den Zoo und den Palast (ich fasse mich an dieser Stelle kurz, da ich darüber bereits nach dem ersten Mal berichtet hatte).

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Im Anschluss begaben wir uns dann auf den stadteigenen Basar, was wirklich unglaublich war. Man trat in eine Gasse ein und befand sich plötzlich in einer ganz eigenen Welt, die vollkommen abgetrennt vom sonstigen Stadtgeschehen zu existieren schien. Um uns herum türmten sich Farben, Gewürze, Kokosnüsse und Bananen, Verkäufer boten lautstark ihre Ware feil und Selma und ich gingen unserer Lieblingsbeschäftigung nach: dem „Betüddeln lassen“. Irgendwann sind wir hier zu dem Schluss gekommen, dass Gucken ja noch lange nichts kostet und so genießen wir es, uns Parfüm auf den Arm tupfen zu lassen, Gewürze und Früchte probieren zu dürfen oder einen Händler seine Farben auf unseren Händen ausprobieren zu lassen – ansprechen wird uns sowieso jeder von ihnen und anstatt sich davon stressen zu lassen, haben wir uns vorgenommen, es zu genießen.

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Als wir dann in einer reinen Bananengasse landeten, dachten wir bereits das Paradies gefunden zu haben, aber es kam tatsächlich noch besser: Per Zufall kamen wir an einem eher unauffälligen Stand vorbei, an dem wir eine andere Weiße, ungefähr in unserem Alter, mit dem Verkäufer Tee trinken sahen. Sofort wurden wir angesprochen und es stellte sich nicht nur heraus, dass die andere ebenfalls eine Freiwillige aus Deutschland war, sondern auch, dass der Stand, an dem wir uns befanden ein regelrechter „Freiwilligenhotspot“ zu sein schien. Der Händler (er hieß übrigens Adil und ist anscheinend eine ziemliche Berühmtheit in Mysore – falls irgendjemand mal dorthin kommen sollte, fragt auf jeden Fall nach ihm!) sprach ein paar Brocken Deutsch mit uns und zeigte uns persönlich gestaltete Bücher von Freiwilligen, mit offenen Briefen und unglaublich vielen Fotos von ihnen zusammen, einen deutschen Zeitungsartikel und ein Video über ihn (https://www.youtube.com/watch?v=5dinhaJ5J7E).

Leider war der Großteil der anderen Freiwilligen zu dieser Zeit selbst im Urlaub, weshalb wir nicht besonders viele getroffen haben (später kam noch ein anderes Mädchen dazu), aber es war wirklich schön mit Adil zu sprechen, er gab uns Tee aus und vermittelte uns schließlich, als er hörte, dass wir planten Bangalore zu besuchen, einen Kontakt, über den wir angeblich auf die besten Partys kamen. Somit fanden wir es im Nachhinein fast schade, Mysore bereits nach so kurzer Zeit verlassen zu müssen und hoffen, noch einmal zurückkommen zu können.

So ging es aber direkt am nächsten Morgen weiter nach Bangalore, wo wir das Glück hatten, bei Franziskanern unterkommen zu können, weshalb zumindest die Frage nach der Unterkunft diesmal keine Probleme mit sich brachte. Die Stadt Bangalore überraschte mich, mit ihrer „Westlichkeit“ – nicht zu Unrecht gilt sie (neben Mumbai) als die westlichste Stadt Indiens: Hier kamen wir das erste Mal in Kontakt mit der „High Society“ Indiens, die sich regelmäßig bei Starbucks zum Kaffee trifft und anscheinend gerne einmal um die 50 Euro für eine Party ausgibt – auf einmal waren wir die Armen. Im krassen Kontrast dazu stand die Armut auf den Straßen, die wir so bisher kaum gesehen haben, da wir in unserem Dorf wohl doch ziemlich gut abgeschirmt sind: Bettelnde Kinder auf den Straßen gehören genauso zum Stadtbild wie Inderinnen in Hotpants und Miniröcken, die man hier wohl sehr lange suchen müssten. Trotz allem habe ich mich in Bangalore sofort wohl gefühlt: Abends durch die Straßen einer großen Stadt streifen zu dürfen und dabei völlig frei zu sein, wie man aussieht, wohin man geht, was man trinkt und wann man schlafen geht, ist eindeutig ein Gefühl, was ich vermisst habe. Schon lange habe ich mir vorgenommen, für mein Studium in eine Großstadt ziehen zu wollen und auch wenn Bangalore sicherlich nicht die schönste war, die man sich da so vorstellen kann, weiß ich nun auch wieder warum.

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Im Bangalore Fort
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Da haben wir uns wohl gefühlt.

Die Zeit dort nutzten wir hauptsächlich für einen Partyurlaub, Kneipentour inklusive, bei der wir herausfanden, dass Alkoholpreise den deutschen gleichkommen und Karten spielen nicht in jeder Bar erlaubt ist, sich in Bangalore aber erstaunlich viele Rockkneipen befinden, in denen ziemlich coole Musik gespielt wird. Einen Abend verbrachten wir auch in einer Bar mit DJ, wo wir schließlich anfingen zwischen den Tischen zu tanzen und dabei mit einer Gruppe Inder in unserem Alter in Kontakt kamen. Da wir Louis dabei hatten und in der Gruppe auch ein Mädchen war, nahmen wir ihre Einladung zu sich nach Hause an, wo wir noch einen schönen Abend zusammen verbrachten, der zu unserer aller Highlights dieser viereinhalb Tage zählt. Schließlich kam dann Silvester und hier nutzen wir den Kontakt, den uns Adil aus Mysore gegeben hatte, um auf eine Party zu gelangen, auf der uns kostenloses Buffet und Getränke zur Verfügung standen – im Gegensatz zu Selma und mir (Brüsten sei Dank?!) musste Louis dann aber doch einen hohen Eintrittspreis zahlen, den wir aber natürlich aufteilten. So hatten wir dann auch einen schönen Silvesterabend, der nur dadurch geschmälert wurde, dass in Bangalore alle öffentlichen Veranstaltungen um 1 Uhr schließen müssen, was uns zuvor auch unbekannt war.

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Unser erster Urlaub war aber trotz kleinerer Schwierigkeiten (auf dem Rückweg haben wir dann noch unseren Zug verpasst, weil der Verkehr so schlecht war, dass unser Uber-Driver eine halbe Stunde lang keinen Zentmeter vom Fleck gekommen ist) ein voller Erfolg! Ich hoffe, dass sich diese Erfahrung in Zukunft wiederholen wird und wenn alles zu glatt geht, ist es ja auch langweilig 😉

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So viel zum Verkehr in Bangalore

 

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